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Beachhouse am Weinberg

Bewohnt seit 2017

Fotos: Jork Weismann http://www.jorkweismann.com/

Projektleiterin: DI Alessandro Storari
Mitarbeit: Andreas Wieland

Projektpartner: http://www.zt-kanzlei.at/

Lebensfreude zelebrieren!

Wir leben in einer Zeit ohne Religion und ohne Moral wie Houllebecq in seinem letzten Spiegel Interview gemeint hat. Ganz so drastisch sehe ich die Sache nicht. Trotzdem sind die Parameter mehr als beweglich. Das ist nichts Neues.
Aber was neu ist, dass Menschen begonnen haben zu erkennen, dass es in dieser Fluidität (auch im privaten) Sphären gibt, die vorausschauende Konzepte für ein prosperierendes Zusammenleben entstehen lassen können. Nach einer sehr langen Zeit in der Werte und Moral festgesetzt waren, bietet nun das Terrain der Kultur, aus unserer Warte die Künste, eine Möglichkeit für Menschen sich gegenseitig einzustimmen, gemeinsam Wege zu gehen und gleichzeitig in Bewegung zu bleiben. Generell sind die Dinge z.Z. nur in der Bewegung zu betrachten und zu analysieren.
In diesem Haus wird diese neue Lebensform gelebt. Wir haben versucht, Räume zu schaffen die diese Lebens- und Betrachtungsweise mit einer sehr positiven diesseitigen aber auch sinnlichen Anmutung unterstützen und fördern.
Es geht auch relativ einfach: Die Bewohner haben sich gefunden und ganze Biografien zusammen geführt. Freunde und Bekannte erleben eine open-house-Situation es wird gekocht und diskutiert. Die Lebensfreude steht im Vordergrund, nicht irgend ein Idealismus.
Die ganze Sache ist noch nicht Öffentlichkeit. Es wird hier eine Öffentlichkeit als Citoyen(nne) vorbereitet. Neue Ideen brauchen ein bisschen Garzeit um nicht sofort dekonstruiert zu werden.
Man muss das verstehen wie eine dieser berühmten Garagen im Silikon Valley: Bevor man raus geht benötigt man einen Raum für Ideen. Hier geht es eben nicht um eine Technologie sondern um kulturelle Fragen nicht zuletzt betreffend dem eigenen Lebensentwurf.

Das Haus besteht aus zwei Baukörpern, welche durch einen neuralgischen Punkt miteinander in Verbindung treten.
In diesem Eingangsbereich steht eine Skulptur von Franz West um die das Haus herum konzipiert wurde.
Zum einen haben wir versucht, alle Bereiche des Hauses möglichst gut anzubinden. Großes Haus - kurze Wege. Die Sauna im Untergeschoss sollten vom Wohnzimmer gefühlte 10 m entfernt sein.
Die besten Partys sind immer in der Küche insbesondere wenn diese entsprechend das Zentrum des Hauses bildet und die anderen Bereiche miteinbezogen werden.
Gleichzeitig legen wir wie immer höchsten Wert auf die Raumabfolge im Sinne der Privatheit.
Es handelt sich selbstverständlich um ein Niedrigenergiehaus mit Erdwärmepumpe, kontrollierter Wohnraumbe- und entlüftung. Photovoltaikanlagen können am Dach nachgerüstet werden. Am Dach welche durch die Außenstiege erreicht werden kann befindet sich ein Dachgarten-lab. Hier können verschiedene Pflanzensorten ausprobiert werden. Die Aussenstiege selbst ist aus Stahl, pulverbeschichtet.
Die Fassade besteht aus vorgebogenem Holz, weiß lackiert und hinterlüftet. Die Sockelzone wurde blau verfliest. Die Fliesen wurden eigens mit personalisierten von uns entworfenen Mustern nachglasiert.
Die Fenster sind Holzaluminiumfenster in Dreifachverglasung.
Die Tragenden Elemente wurden in Ziegelbauweise, die Decken aus Stahlbeton errichtet.

Weitere Gedanken:

Wenn alles offen, transparent und nichts mehr privat ist, kann auch nichts mehr entstehen. Kann keine Idee mehr wachsen. Ich bin ein großer Freund von dieser berühmten biedermeierischen Garage aus der die Weltkonzerne oder Revolutionen heraus geboren werden. Der Höhepunkt im privaten ist als Kulturgut in größter Gefahr. Er ist jedoch notwendig für die geistige und kulturelle Entwicklung einer Gesellschaft. In dieser kulturellen "Garage" dürfen nämlich Fehler gemacht werden. Es darf politisch unkorrekt gedacht werden, überhaupt falsch gedacht werden.
Der Irrtum von vielen ist, dass es viel Geld braucht um diese „Garage“ zu bilden, es geht auch kleiner. Wenn man jedoch "Fan" dieser Idee ist, soll man ruhig auch neue Schritte setzen und Geld dafür ausgeben, so wie manche für Autos, Gutes Essen oder Fanreisen zum Spiel der Lieblingsmannschaft.

Es gibt oder gab einen seltsamen Trend der versuchte das alltägliche, das Banale zu glorifizieren. In der Architektur hält sich dieser Trend ungebrochen. Puritanisches Understatement, architektonisch kommunizierte Bescheidenheit, formal quadratisch praktisch gut.
Gleichzeitig aber treibt diese Glorifizierung des banalen die Leute in die Freiheit. Und zwar in die Freiheit voneinander. Jeder in seine Anonymität oder ab in die Bourgeoisie. Keiner ist oder hat was Besonderes. (Außerhalb der Architektur sucht jeder ein U.S.P. Oder individualisiert sich durchs Facebook). Deshalb ist auch keiner interessant oder interessiert an mir als Menschen.
Gut, nachdem ich jetzt von allen in Ruhe gelassen werde, muss ich, um was zu erleben, dann auf die Malediven fliegen oder so.
Prinzipiell wird aber tendenziell Gemeinschaft oder Kultur nicht instantan gebildet, oder außerhalb von Nordkorea geplant. Gemeinschaft bildet sich langsam. Sie wächst. Sie kondensiert. Kleine Gruppen, avantgardistische Gruppen finden sich und wachsen. Meist um etwas tradiertes oder neues, oder eben etwas Besonderes herum.
Kultur ist meines Erachtens nicht nur ein Massenphänomen. Es gibt ja nicht nur Staatskunst oder Popkultur oder Salzburg. (Die zweifellos sehr wichtig sind. Kultur soll ja vielen zugänglich sein). Kultur wird von Einzelnen gemacht und erheblich mitgetragen, im nächsten Schritt weiterentwickelt. Ich sehe in Kunst und Kultur im Gegensatz zu vielen Politikern den einzigen Weg die größte Herausforderung der Zukunft in Angriff zu nehmen. Nämlich die Menschen dazu zu bringen zumindest zeitweise an einem einem Strang ziehen zu wollen, (zum Beispiel um eine bevorstehende totale Ökokriese zu bewältigen oder das unerträgliche Waffenarsenal sowie die globale Ungleichheit auf der Welt zu demontieren,) ohne sich über Indoktrinationstechniken vergangener Jahrhunderte in totalitärer Humorlosigkeit gleichschalten zu lassen. Das will ja bitte niemand.

Datum

2016

Auftraggeber

Privat